Die Blaufrau

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Malen, Zeichnen und Textilkunst haben mich mein Leben lang begleitet, je länger, desto intensiver. Ich bin gespannt, wo es noch hingeht!

Montag, 5. April 2021

Nachdenken mit Stoff und Faden

 

Ein paar Tage lang hat im Kreis die nächtliche Ausgangssperre gegolten - "freiheitsberaubender Irrsinn" war eine Äußerung dazu.

Mal abgesehen davon, ob ich das sinnvoll finde oder nicht, habe ich mich davon nicht sonderlich in meiner Freiheit eingeschränkt gefühlt. Warum nicht? Was bedeutet Freiheit für mich?  - Gleichzeitig gab es im Stitch Challenge-Workshop mit Merrill Comeau die Aufgabe, Text in die Arbeit mit Stoff und Faden zu integrieren. Bei den Fragen, die bei der Findung geeigneter Themen und Texte helfen sollten, bin ich sofort bei der Frage nach meiner Freiheit steckengeblieben.

 


Der erste Gedanke dazu war Zeit. Nicht Freizeit, sondern das Lockern des üblichen Zeitkorsetts, ich brauche sozusagen die Hoheit, die Verfügungsgewalt über meine Zeit, um mich frei zu fühlen. 

Der Grundstoff sind meine jetzt überflüssigen selbstgenähten Stoffmasken, aufgetrennt und hier mit Kaffee und Nußbeize eingefärbt. Die Streifen sind beim Trocknen auf der Heizung entstanden. Die Innenseite ist rausgeschnitten, sonst ist der Stoff zu schwer zu besticken; damit entsteht eine Art Rahmen. 

Der Schriftzug ist handgeschrieben, variiere ich ihn noch mal? In der Größe vielleicht? (Das Nachdenken wird noch länger dauern.) Im Zeit-Stück habe ich die Schrift aus einem dicht bestickten Probestück herausgeschnitten.

 


Stück 2: Die Abwesenheit von Lärm ... nicht Stille = geräuschlos, sondern die Möglichkeit, leise Dinge wahrzunehmen. Wie heißt der seed stitch auf deutsch? Er eignet sich für pointillistische Farbschattierungen, ist wie Malen. Dauert eine Weile - sollte ich mal üben, grob zu sticken? Aber ich liebe diese feinen Oberflächen, auch den offenen Plattstich, der den Lichteinfall schön reflektiert, sieht bei jedem veränderten Einfallwinkel anders aus.

Andere Lebensfelder, die ich jetzt sehen kann, haben mit Raum zu tun, mit Weite, aber auch mit kleinen Räumen, mit kleinen Dingen, also Aufmerksamkeit, Geschwindigkeit! Ich möchte aber nicht zu schnell vorandenken, sondern die Gedanken beim Tun kommen lassen. Der nächste Grund ist vorbereitet ...  Das wird mich noch eine Weile beschäftigen, und ich möchte dabei bleiben, nicht noch von Workshop zu Workshop hetzen im Zweiwochenabstand. Wird es ein Buch?

Sonntag, 4. April 2021

Was da ist


 Ein schöner Künstlerinnen-Nachmittag im Atelier. Stricheln, schauen, reden. Die Blätter füllen sich sozusagen von allein als Reaktion auf das, was ich um mich herum sehe. 

Blinde Kontur mit Kohlestäbchen und den dicken Kohlechunks (wie wäre es, mit einer Kohle zu zeichnen? Wüßte allerdings nicht, wo ich eine hernehmen sollte, nur Grillkohle ist überall). A2 ist kaum groß genug, wie gut, daß ich mir diesen Block gekauft habe. 

 

 

 

Fensterbank im Atelier - ich liebe immer wieder diese Zusammenstellungen; ob zufällig oder arrangiert

 


Schwarz ist schwarz ist schwarz. Wieviel Kraft man damit ausdrücken kann. Der Klotz über dem Schwarz verwischt und tönt ab, deckt aber nicht zu, merken. Schichten ... auf Pastellpapier ...





Ein Porträt über den Tisch hinweg - Hilfe! Uuuuhhh! Hohe Kunst=hoher Druck! - Oder auch nicht. Loszeichnen und gucken, was rauskommt. Ich habe auf die Proportionen geachtet, nicht auf Ähnlichkeit. Eine Übung. Und bei den Händen hat es sich aufgelöst, da Bewegung. 

Nebenbei im kleinen Skizzenbuch

 




Ein Zwergenhut aus feinem Silberdraht mit ein paar Plastikperlen, Deko bei einer Geschenkverpackung

Papier eingefärbt mit dem Tuch, an dem ich mir meine kohlebeschmierten Finger abgewischt habe

mit hartem Bleistift
 




Einüben ins Sehen, immer mehr, immer kleiner ...



Sonntag, 14. März 2021

Es ist angestickt

Eeeewig lange Pause ... ohne Stickerei, ohne Zeichnung, nichts. Auch kein Bedürfnis danach, es war ein Kreativitäts-Winterschlaf. Ich war oft im Wald, der war ganz still und zurückgezogen, paßte. 

Für meinen Wieder-Einstieg in den Stitch Club hab ich dann auch ganze vier Wochen gebraucht. Ein kleines Textilbuch mit Stoffstücken und Stickerei drumherum, ein Stich führt zum anderen. Zu 90 Prozent Vorstich, ein bißchen Stielstich, eine verschämte Reihe Knopflochstich.

Ein schönes Detail dabei ist, daß die Rückseiten der Stickerei genau so zur Geltung kommen wie die Vorderseiten. Das sieht aus als hätte ich wer weiß wieviel gestickt.









Das rechte Bild erinnert mich an die schwebenden Augen von Odilon Redon.








 
 

 



Mir fehlt noch ein Titel - der sollte laut Aufgabe auf das vordere Cover gestickt werden. Meine erste Idee ist "Sphären". Und jetzt beim Drübergucken denke ich an Planeten. - Auf die Rückseite kommt auch noch was. Vielleicht der Titel? Mehr Platz dafür hinten als vorn, ich möchte die Schrift nicht um das Motiv herum quetschen.



Sonntag, 22. November 2020

Weitere Striche

Mein geliebter Blick aus dem Fenster jeden Morgen: flach fallendes rötliches Morgenlicht auf den Weinbergen mit den rostroten Blättern, die mehr und mehr abfallen ... Ich pausiere mit dem Stitch Club, habe wieder mehr Lust auf Zeichnen.

Auf A4 und A3 mit den Buntstiften



 
Striche in verschiedene Richtungen, unruhiger; die letzte Lage mit Grafit. 

 
Ich bin erstaunt, wie die Farben sich beim Übereinanderlegen mischen, was da durchschimmert. Es bleiben kleine Lichtflecken stehen - die Technik ist vielleicht was für die Wasserbilder.

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Und: Geburtstagskarte für Petra ;-)))


 

Donnerstag, 12. November 2020

Vom Stich zum Strich

 Die Stickerei nimmt durch die ständigen Anregungen im Stitch Club so viel Raum ein, daß mir meine Stifte ganz verwaist vorkommen ... Ich hatte richtig Sehnsucht danach, wieder einen Stift in der Hand zu haben. Und beim letzten Künstlertreff-Nachmittag bei Eva war es dann soweit - und aus lauter Vorfreude auch schon am Morgen ...

Frühstückstee mit Bunt- und Grafitstift (das wäre doch mal ein Bildtitel ;-)). In Gedanken bei dem Bachbett in Schottland mit den gestreiften Steinen, ohne es nachzeichnen zu wollen. Hat was Landschaftsartiges, als würde man mit den Strichen ein Höhenprofil nachziehen. A4. Drängt über den Rand hinaus. Ich mag das Schillernde, das könnte man auch mal mit anderen Farben probieren.


 

Und am Nachmittag auf A2 mit den dicken Grafitblöcken und Buntstiften, eine schöne Kombination aus Fein und Breit mit allen Varianten dazwischen. Fast war mir A2 noch zu klein! Auch das möchte über den Rand hinaus.


 

Gezeichnet ist es in der Waagrechten, aber wir haben es beim Betrachten um und um gedreht, und so gefällt es mir derzeit am Besten. Ich weiß noch nicht, ob ich es so lasse, fixiert ist noch nichts. In meinem Bilder-Sammelsurium fällt es aus dem Rahmen, und ich glaube, ich muß es ein Weilchen ruhen lassen.

Auf Pastellpapier probieren, mit Pastell und den dicken Kohleblöcken! 

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Ein paar Tage später eine Tagebuchzeichnung mit Öl- und Wachspastell über Tusche. Nachdem ich mir den kleinen Ausstellungskatalog von Cy Twombly-Zeichnungen aus den 70er Jahren angeschaut hatte. (Der scheint jetzt dran zu sein. Habe mir einen dicken Kunstband über ihn gegönnt und freue mich aus Schmökern und Gucken und Nachdenken.)

Freitag, 6. November 2020

Da war der Sommer

Im August, in Bonn, die Hitze. Stickkurs im Macke-Haus, begleitend zur Ausstellung "Mit Stich und Faden", eine seltene Ausstellung von Textilkunst. Zu sechst in dem hellen Kursraum im Obergeschoß. Fotokopien von Strichzeichnungen, die alten Vorlagen von Elisabeth Macke und ihrer Mutter, die Stickereien nach August Mackes Werken machten. Die Linien waren am Rand der Fotokopien oft kaum zu entziffern, beim Übertragen war etwas Fantasie gefordert, und das fiel mir erstmal schwer, weil das ja Zeichnungen von Macke waren und da darf man ja nichts verändern ... die Ehrfurcht vor der Kunst ... kann einem schon ein Beinchen stellen.

Die Zeit im Kurs hat grade für das Übertragen auf den Stoff und die ersten Linienstiche gereicht - trotzdem war ich danach so unterzuckert, daß mir fast schlecht war. 

Jetzt hab ich mir die Zeit genommen, das erste Stück fertig zu machen. Was ganz anderes als die kreativen Höhenflüge im Stitch Club. Aber es macht Spaß, die Vorlage zu interpretieren - denn es ist eine Interpretation, kein stures Nacharbeiten. Den halbrunden Aufsatz oben könnte man zum Beispiel auch als geschlossene Form machen, die Baumform könnte man aussticken und so in den Vordergrund nehmen, die komischen Formen rechts ... Eine zweite Version?

 


Alles mit ineinandergreifendem Plattstich, mal lockerer, mal dichter. Ich wollte nur eine Andeutung von Raum machen - ganz klar sind mir die räumlichen Zusammenhänge hier nicht, auch das hab ich erst nach und nach loslassen können. 

 Außer dem weißen Garn (Sticktwist) ist alles mit Nähgarn gemacht - ich hab doch immer die Tendenz zum feinen Garn, zur gleichmäßigen Oberfläche. Malen mit der Nadel.

Welcher Maler würde sich noch anbieten? Spontan fällt mir Cy Twombly ein ... Cézanne ...

Donnerstag, 5. November 2020

Andere Richtung

Fortsetzung der abstrakten Aufgabe mit anderen Mitteln, diesmal "nur" Stickerei. Obwohl der Hintergrund kräftig mitspielt, also Mix aus Patchwork und Stickerei. Auf halbem Weg dachte ich, ein monochromer Hintergrund wäre besser gewesen, hätte die Aufmerksamkeit mehr auf die Stickerei gelenkt, aber nun war diese Entscheidung gefallen, und auch sie hatte ja ihren Grund. 

Eigentlich wollte ich mir mit dieser Variante bei der Applikation weiterhelfen, wollte mir durch einen anderen Ansatz eine Möglichkeit geben, das Steckenbleiben zu vermeiden. Aber das hat nicht geklappt, die beiden Techniken sind zu unterschiedlich. Eine kleine Reihe von Applikationen wäre dafür besser gewesen - das muß ich mir merken.

Nach den gleichen Anfangsschwierigkeiten wie bei der Applikation hat sozusagen die Nadel übernommen, und ich habe sehr kontinuierlich vor mich hin gestickt. Ist es der Rhythmus der Bewegung der Hände? Die Regelmäßigkeit der Stiche bei all ihren Variationen? Es ist jedenfalls nicht Genauigkeit oder sorgfältiges Suchen der richtigen Stellen, dazu sticke ich zu schnell. Während des Stickens kam immer die Idee für die nächste Fläche - und die nächste - und die nächste. Wie eine Taschenlampe, die ungefähr zwei Meter weit den Weg erhellt; weiter weg liegt alles im Dunkeln, aber es wird weitergehen. Ein erstaunlicher Prozeß, bei dem Vertrauen entsteht.  

 


 Man kann es nicht mit einem Blick erfasssen, dazu ist es zu unruhig mit dem lebhaften Hintergrund. Aber man kann es sehr lange anschauen. - Wie greifen die Stiche die Stoffmuster auf, ergänzen sie? Ein weites Feld für weitere Arbeiten.






Entdeckung: Sandstich. Hab ich bisher nur selten verwendet. In dieser Kombination aus dickerem und sehr dünnem Garn (Nähgarn) sehr interessant, und eine schöne Textur. Das Patchworkstück hat nur eine Stofflage, ist also ganz dünn. Aber mit der Sandstich-Fläche darauf wird es stark und stabil und fühlt sich sehr angenehm an. Könnte ich mir auch auf Partien von Kleidung vorstellen - vielleicht auf meinem blauen Kleid? Einen Sandstich-Sampler machen ...

Material: Patchwork aus altem Stoff und Resten mit der Hand genäht; Nähgarn, Sticktwist, Perlgarn, Leinen- und Baumwollgarne der Weberinnen von Webkunst-Textil e.V., dickes Chenillestrickgarn. Einfache lineare Stiche: einen Faden aufnähen, Vorstich, Zickzackstich, Plattstich, Sandstich. Spiel mit unterschiedlichen Fadenstärken, Abständen, Konzentration, Richtungen.